Man sagt, dass der Menschen Schicksal von Geburt an vorbestimmt sei. Mein Schicksal war es, ohne Eltern aufzuwachsen, ohne zu wissen wer ich war und woher ich kam. Ich wusste nicht warum man mich damals vor den Toren des Klosters zurückließ. Alles was die Nonnen damals bei mir fanden war ein Brief, aus dem hervorging das ich Liv hieß und bei Vollmond in einer Oktobernacht geboren wurde. Um den Hals hatte ich eine Kette mit einem Kreuz in Drachenform, das mit Rubinen besetzt war. Es wurde darum gebeten mich von allem Bösen fernzuhalten und mich nach der christlichen Lehre zu erziehen. So wuchs ich schließlich im Kloster auf, wohnte dort und ging in die angrenzende Klosterschule. Diese Zeit war nicht leicht für mich, ich konnte mich nie an das strenge Zeremoniell gewöhnen. In meiner Pubertät war es besonders schlimm, ich war kein Kind von Traurigkeit und gegen Regeln zu verstoßen war mein Hobby. Aus Trotz schloss ich mich der Gothic Szene an und aus anfänglichem Trotz wurde meine bis heute andauernde Lebenseinstellung. Damals entschloss ich mich altertümliche Literatur und Völkerkunde zu studieren. Nach meinem Studium arbeitete ich anfänglich in unserer Klosterbibliothek und nahm vor einem halben Jahr eine Stelle als Antiquarin in einer Bibliothek für mittelalterliche Geschichte an. Ich war mit meinen 24 Jahren die jüngste Spezialistin auf meinem Gebiet. Damit erfüllte sich mein größter Traum, schon in meiner Kindheit verbrachte ich heimlich jede freie Minute in der alten Bibliothek unseres Klosters. Natürlich interessierte ich mich hauptsächlich für die alten, verbotenen Bücher, ich versuchte Geheimnisse zu lüften und lernte fleißig alte Sprachen. Ich konnte meine Leidenschaft zum Beruf machen und versuchte vor allem mein eigenes Geheimnis zu lüften.Ich hatte nur die Kette die auf meine Herkunft schließen ließ. Mein Name war germanischen Ursprungs und bedeutete Schutz. Ich wuchs in Mitteldeutschland auf, was den Namen erklären könnte. In alten tschechischen und rumänischen Aufzeichnungen fand ich ähnliche Darstellungen von Drachenkreuzen, die auf Familienwappen hinzudeuten schienen und immer wieder Parallelen zu einem sehr alten Geheimbund aufwiesen, der sich "Die Kinder des Drachenkreuzes" nannte. Die Motive dieses Bundes waren nicht näher auszumachen, jedoch waren die Bemühungen der Inquisition an seiner Vernichtung groß. Die wenigen, ungenauen Aufzeichnungen gingen zurück bis ins 12. Jahrhundert und reichten bis in die 30er unserer Zeit. Sie wiesen Verbindungen zur Kaballa und alchemistischem Glauben auf. Ich ging jeder Spur nach, doch die meisten verliefen im Sand. Natürlich studierte ich auch die geheimen Schriften der Kaballa was gar nicht konform war zu meiner christlichen Erziehung. Durch die strenge Erziehung wurde ich vom nichtchristlichen geradezu angezogen. Ich fühlte schon immer eine besonders starke mediale Kraft in mir, war sehr feinfühlig, hatte schon als Kind eine besonders helle Haut, feuerrotes Haar und leuchtend grüne Augen. Ich litt unter Alpträumen und hatte Visionen. Meine Vorliebe für die schwarze Szene verlieh mir den Ruf einer Hexe. Da war ich natürlich sehr froh über meine neue Stelle in der großen Stadt. Hier fiel ich nicht weiter auf, Menschen die sich mit alten Büchern befassten waren eh Einzelgänger. Ich konnte mir mittlerweile meine Aufträge aussuchen und befasste mich jede freie Minute mit meinen Forschungen. Vor ein paar Tagen erhielt ich den Auftrag nach Prag zu reisen und ein altes Buch auf seine Echtheit hin zu überprüfen. Natürlich nahm ich diesen Auftrag mit Freude an, ich hatte endlich die Möglichkeit vor Ort zu forschen. Ich flog bereits 2 Tage früher, denn ich wollte mir natürlich Prag ansehen. Diese Chance wollte ich mir nicht entgehen lassen. Gegen Mittag kam ich im Hotel an, mein Auftraggeber Paul Havel hatte es bereits für mich gebucht. Er war einer meiner Stammkunden, leider hatten wir noch nicht die Gelegenheit uns persönlich kennen zu lernen. Er wusste von meinen Forschungen und hatte mich immer wieder mit Informationen versorgt. Wir hatten uns erst für den nächsten Tag verabredet und deshalb nutzte ich die Zeit für einen Stadtbummel. Natürlich gab es einen ganz bestimmten Ort den ich zuerst aufsuchen wollte…"Das Alchemistengässchen". Ich interessierte mich hauptsächlich für Bücher, aber die Szeneläden lockten mich gleichermaßen an. Ich stöberte in alten wie neuen Bücher, sah mir Schmuck an und kaufte mir sogar eine schöne schwarze Chiffonbluse für wenig Geld. Ich setzte mich in ein Straßencafe, las ein altes Buch und genoss das rege Treiben in der Dämmerung.Da fiel mein Interesse auf zwei Frauen, die am Tisch vor mir saßen. An ihrer Aufmachung erkannte ich, dass sie auch zur Gothic Szene gehörten. Eine der beiden beobachte mich, sie ließ mich nicht aus den Augen. Von ihr ging etwas Mystisches aus. Sie hatte schwarzes langes Haar, war sehr blass und hatte sehr ausdrucksstarke grüne Augen. Sie lächelte mich an, stand auf und kam zu mir an den Tisch. Sie stellte sich als Seraphine vor und fragte, ob sie sich setzen dürfe. Ich bejahte und bot ihr einen freien Stuhl an. Ihr Interesse fiel auf mein Buch, eine alte Ausgabe der Kaballa. Sie war begeistert und fragte ob ich in Prag wohnte und sagte, dass sie wenige Personen kannte, die dieser Sprache mächtig wären. Ich erzählte ihr, dass ich beruflich in Prag wäre und aus Deutschland käme. Sie rief ihre Begleiterin zu uns, stellte sie als Andrea vor und wir unterhielten uns über meine Arbeit. Sie war begeistert von meinem Beruf und erzählte mir dass sie sich ebenfalls mit alten Schriften befasste.
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