Dies ist die Geschichte eines Mannes, der gut und gerne, doch vor allen Dingen viel ass. Deswegen war er auch so furchtbar dick. Der dicke Mann war sehr vornehm und anspruchsvoll. Und weil er sehr reich war, konnte er sich viel mehr leisten, als die meisten Menschen in dieser Welt und hätte deswegen ja auch zufrieden sein können. Doch das war er nicht. Denn es gab ein grosses Problem, worüber der dicke Mann sehr traurig war. Alle Stühle, auf die er sich setzte, gingen schon nach kurzer Zeit entzwei. Sie brachen einfach unter seiner Last zusammen. Und da auch die Stühle nicht einfach und robust sein durften, sondern wie alles andere, vornehm und zierlich, musste er sich fast jede Woche einen neuen kaufen.Darum ging er denn wieder einmal, wie unzählige Male vorher, durch die teuerste Geschäftsstrasse der Stadt, wo es alle die schönen und anspruchsvollen Sachen zu kaufen gab, auf der Suche nach einem neuen Stuhl. So blieb er hier stehen und dort und sein Herz schlug erregt beim Anblick all der herrlichen Sachen in den Schaufenstern. Am meisten interessierten ihn natürlich die Antiquitätengeschäfte, in denen er ein beliebter, und wie die Verkäufer sagten, beleibter Kunde war. Doch das letzte sagten sie nur heimlich kichernd untereinander.Plötzlich blieb der dicke Mann wie angewurzelt vor einem Antiquitätengeschäft stehen. Da stand er doch, mitten in der Schaufensterauslage; der Stuhl seiner Träume; seiner ganzen Wünsche und Hoffnungen. So zierlich und fein, dass er seine Augen garnicht davon ablassen konnte.-Ein richtiges Rokokokostühlchen-, flüsterte er andächtig, wobei er vor innerer Aufregung ein ko zuviel aussprach.-Solch ein herrliches Stück hat ja die Welt noch nicht gesehen. Was es auch kosten mag; dieses muss ich haben.-Und er vergass natürlich wieder vollkommen, dass er an diesem zierlichen Stühlchen keine lange Freude haben würde. Der Verkäufer des Geschäftes hatte längst durchs Fenster bemerkt, dass der dicke Mann, den er gut kannte und schätzte, den Stuhl mit leuchtenden Augen betrachtete. Schnell setzte er noch eine Null hinter dem Preis, der am Stuhl befestigt war. Als der dicke Mann das Geschäft betrat, läutete leise und vornehm eine kleine Glocke, die oberhalb der Türe befestigt war. Der Verkäufer lächelte, grüsste ergeben und blieb in Habachtstellung stehen. Der dicke Mann lächelte zurück und deutete stumm, aber mit glänzenden Augen auf den Stuhl im Schaufenster. Der Verkäufer schaute den dicken Mann zunächst ein wenig fragend an, so als ob er nicht sofort begriffe. Doch dann ging ein füchsisches Lächeln über sein Gesicht.-Ja, natürlich. Jetzt verstehe ich-, sagte er, in dem er ebenfalls auf den Stuhl zeigte.-Ja, ein herrliches Stück. Das beste, ach, was sage ich, das allerbeste, das kostbarste, das wir je hatten. Ein einmaliges Kunstwerk eines grossen Meisters. Und sehr preiswert.--Was kostet er?-Der dicke Mann atmete schwer vor Erregung.-Hundert Euro-, antwortete der Verkäufer. Und da ihm plötzlich einfiel, dass er soeben eine Null dem ursprünglichen Preis hinzugefügt hatte, verbesserte er sich noch schnell und sagte:-Hundert Euro ist alleine ein Stuhlbein wert. Der ganze Stuhl kostet nur tausend Euro.-War der dicke Mann auch sonst sehr geschäftstüchtig; in solchen Augenblicken liess er sich immer übers Ohr hauen.-Gut-, sagte er. -ich nehme ihn.Mit seinen gepflegten Fingern zog er einige Scheine aus seiner Brieftasche und überreichte sie dem Verkäufer.-Ich hoffe, sie können ihn mir noch heute bringen lassen. Sie kennen ja meine Adresse.-Der Verkäufer versprach es mit unterdrücktem Jubel, da er an seine Provision denken musste. Als der dicke Mann das Geschäft wieder verliess, blickte er noch einmal zum Stuhl hin und murmelte:-Welch ein herrliches Stück.-Er ging zum Auto, wo der Chauffeur auf ihn wartete und liess sich zu seiner Villa fahren, die ausserhalb der Stadt lag. Sofort setzte er sich auf den Balkon seines Schlafzimmers, welches sich im ersten Stock befand und schaute in fiebriger Erwartung auf das grosse Eingangstor des Parks. Vor lauter Stuhl hatte er sein Mittagessen, einen Berg voll brasilianischer Kartöffelchen, Rindsbraten mir Spargel und Eiscreme mit Sahne, vollkommen vergessen. Seine treue, doch unterbezahlte Haushälterin Frida, konnte sich nicht erinnern, dass so etwas früher schon einmal passiert war. Doch aus Erfahrung klug geworden, störte sie ihn nicht und wartete der Dinge, die da kommen würden.
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