"Lebt wohl Vater. Ich mache mich nun auf, die Dame meines Herzens zu finden. In unserem Land gibt es leider keine, die mir gefällt.""Es tut mir Leid, mein Sohn. Aber bleibe bitte nicht so lange fort. Ich bin schon alt. Lange reicht meine Kraft nicht, mit fester Hand dieses schöne Land zu regieren. Ein paar vertrauenswürdige Männer sollen dich begleiten. Auch der kleine Mönch Hubertus. Er wird dir von Nutzen sein. Seine Kochkunst weißt du zu schätzen. Außerdem spricht er alle Sprachen dieser Welt."Eine kurze Umarmung zum Abschied. Dann reiten der Königssohn und sein Gefolge los. Lange winkt der alte König ihnen nach.Aus Tagen werden Wochen, aus Wochen Monate. Fast ein Jahr ist der junge Mann nun schon unterwegs. Viele schöne Mädchen aus aller Herren Länder sind ihm begegnet Manches hätte ihn gern genommen. Seine stattliche Figur, die strahlenden blauen Augen, und das dicht gelockte, blonde Haar ließ die Herzen schneller schlagen. Aber sie konnten das Herz des jungen Königs nicht entflammen. Traurig und mutlos gab er eines Tages den Befehl zur Umkehr. "Herr, unsere Vorräte sind fast aufgebraucht. Fleisch fehlt schon lange. Schickt die Männer auf die Jagd. Ein ordentlich Wildbret würde uns allen gut tun." "Stimmt Hubertus. Auch ich werde mit reiten. Eine schöne Jagd wird sicher meinen Schwermut ein wenig vertreiben." "Und ein guter Braten wird auch dabei helfen", sagt der kleine Mönch freundlich.Frohgemut schwingen sich die Männer auf ihre Pferde. Die Hunde laufen in den Wald voraus.Schnell wie der Wind rasen sie durch das Unterholz, missachten den Befehl ihres Herrn.Sie bleiben nicht stehen. Eine betörende Witterung treibt sie weit in den Wald.Vor dem Eingang einer Höhle machen sie halt. Beide liegen winselnd auf dem niedergetretenem Farnkraut, als die Jäger sie endlich eingeholt haben."Was mag sich wohl in der Höhle befinden? Die Hunde scheinen Angst zu haben, Herr." Unter dem Geleitschutz seiner Männer betritt der Königssohn die Höhle. In der schummrigen Dunkelheit erkennt er nichts. Schnell gewöhnen sich die Augen an das Zwielicht. Sehr langsam, anscheinend ruhig, geht er zu der weiß gekleideten Gestalt im hinteren Teil der Höhle.Eine wunderschöne junge Frau blickt ihn aus mandelförmigen, grünen Augen an. Plötzlich schlägt sein Herz rasend schnell. Endlich spüre ich das Feuer in mir. Ich habe die Liebe meines Lebens gefunden! "Wer bist du? Aus welchem Land stammst du? Verstehst du meine Sprache?" Das Mädchen starrt ihn nur an. Aber keineswegs ängstlich. Sein Herz steht ebenso in Flammen. Vertrauensvoll nimmt es die dargebotene Hand. Gemeinsam verlassen die jungen Leute die dunkle Höhle."Männer, ich habe sie gefunden. Das ist die Frau, für die mein Herz in Flammen steht." Es wird sehr still auf dem Platz. Staunend betrachten die Herren das fremde Wesen. Über den mandelförmigen Augen schwingen zarte, schwarze Augenbrauen. Die Nase ist klein. Der leicht geöffnete, rote Mund zeigt perlweiße Zähne. Klein und zart steht sie neben dem Prinzen."So schön, doch so anders als unsere Frauen", denken die Männer.Freundlich lächelt die Fremde. Mit diesem Lächeln hat sie die Getreuen des Königs im Sturm erobert. Sie werden ihr immer treu ergeben sein."Nun, Leute, lasst uns zum Lager zurück. Der kleine Mönch wird die Sprache meiner Angebeteten schon verstehen. Wildbret haben wir nicht für ihn, doch diese "Beute wird ihm sicher besser gefallen."Am Abend wird ein großes Lagerfeuer entfacht. Hubertus hat doch noch ein gutes Essen gekocht. Die junge Frau hat ihm ihre Geschichte erzählt.Die Männer sitzen am Feuer. Gebannt hören sie Ihm zu. Also, folgendes ist geschehen:Kyra, so heißt sie, war allein mit ihrem Pony im Wald unterwegs. Aus der Ferne hörte sie plötzlich Geschrei und Schwerterklirren. Voller Angst ritt sie zu ihrem Dorf zurück. Alle Häuser brannten lichterloh. Wilde Reiter waren über das Dorf hergefallen. Kyras Familie und alle Dorbewohner tot oder verschleppt. Sie stand jetzt ganz allein auf der Welt. Wie betäubt flüchtete sie in den Wald. Die alte Höhle kannte sie noch aus den Kindertagen. Dort hatte sie mit ihren Freunden gespielt.Einige Tage und Nächte hat sie in der Höhle verbracht. Das Pony freigelassen. Sie hatte ja nichts zu essen. Weder für sich, noch für das Pferd. Es wird zu den Wildpferden gelaufen sein, tröstete sie sich."Das war es schon, Herr, zum Glück, und unser aller Freude, hast du sie heute gefunden." Zwei Monate dauerte die Heimreise. Prinz Harald und Kyra wurden in einer Dorfkirche von dem kleinen Mönch Hubertus getraut. So konnte der vorauseilende Bote die Heimkehr des jungen Prinzen und seiner Frau überall verkünden.Das Volk säumte die Straßen. Jubelnd begrüßte es das junge Paar.Gerade noch rechtzeitig kam der Prinz zurück. Rechtzeitig, um seinem sterbenden Vater die Hand zu halten."Du hast eine gute Wahl getroffen, mein Sohn." Die trüben Augen des Königs wurden durch ein plötzliches Strahlen erhellt. Der Anblick der beiden Liebenden machte in froh und das Sterben leichter."Versprich mir, das Erbe gut zu verwalten. Ich hinterlasse dir ein fruchtbares und friedliches Land. Mit dieser Frau wird es gelingen. Davon bin ich überzeugt. Sie ist nicht nur schön, sondern auch sehr klug. Höre so oft es geht, auf ihren Rat."Das Versprechen seines Sohnes hört der alte Mann nicht mehr. Ruhig ist er eingeschlafen. Der König ist tot, es lebe der König!Zehn Jahre sind ins Land gegangen.Ein Jahr nach der Hochzeit kamen die königlichen Zwillinge zur Welt. Zwei niedliche Mädchen. Je älter sie wurden, um so mehr sahen sie der Mutter gleich. Feingliedrig und sehr zart. Auch sie schauten aus mandelförmigen grünen Augen in die Welt. Nur die Haarfarbe unterschied sie von der Mutter. Nicht schwarz und glatt, sondern kupferfarben lockig. Mitten im Schlosshof stand eine alte Eiche. Der Schlossschreiner hat für die Kinder ein Baumhaus gebaut. Fest und sicher steht es auf einer breiten Gabelung im Baum.
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