"Pbruuuuch", die weichen großen Lippen schlabbern. Warme Luft pustet mich an. Direkt vor meiner Nase. Entsetzt bin ich mit dem Kopf nach hinten geruckt. "Boing", jetzt sehe ich Sterne. Hinter mir ist ein Pfosten aus Holz. Aus hartem Holz. "Aua!" Der Pfosten steckt in der Erde und reckt sich bis in den Himmel. Na ja, nicht ganz bis in den Himmel, nur bis zur Decke da oben, die Decke von diesem großen Zelt. Oben hält der Pfosten, der in Wirklichkeit Mast heißt, das Zelt fest, damit es nicht herunter fällt. Der eine alleine schafft das aber nicht, rundum sind noch viel mehr Masten. Sie stehen genau zwischen Erde und Zeltdach.Aber da müssen sie ja auch stehen, sonst würden die vielen Kinder, Erwachsenen und Tiere, ja auch die Musikkapelle mit dem langen Lulatsch, der die Posaune bläst, draußen sein.Direkt unter der Sonne und den Wolken, aus denen ja bekanntlich der Regen fällt.Na das ist vielleicht ein Anfang?!AdelgundeJecki und ich sind heute im Zirkus. Habt ihr sicher schon bemerkt. Direkt am Eingang stehen Pferde und sehen sich die Besucher an. Hätten sie ja auch gleich die Eintrittskarten abreißen können, aber nein. Sie schnuppern an einem. So wie bei mir. Ich wollte gerade Jecki zeigen, dass auf der anderen Seite auch Tiere stehen und hatte gesagt: "Du sieh mal, da ist ein Lama."Da kam von der anderen Seite das Schnuppermaul des einen Pferdes und ich bekam diesen blöden Schreck, den Pferde-Schnupper-Beulen-Schreck. Nun brummt es in meinem Kopf."Na Kleener?", ein rot-weiß gestreifter dicker Mann steht jetzt neben mir. Die eine Hand fühlt nach meiner Beule am Kopf, streichelt ein bisschen darauf herum und die andere Hand hält ein Knäuel mit Stab vor meine Nase. "Hmhhhmmm", das riecht gut. Das Knäuel ist Zuckerwatte. Der dicke, rot-weiß gestreifte ist ein Clown. Einer vom Zirkus. Der hat gesehen, wie ich gegen den Mast geknallt bin und sagt nun zu mir: "Zuckerwatte ist gut gegen Brummschädel, da lass es dir schmecken und sei nicht sauer mit Adelgunde." Adelgunde? "Hier komm mal her", er führt mich an die Seite, dahin wo die Pferde an den Besuchern herumschnuppern. Jecki kommt mit. Vielleicht klappt es ja auch bei ihm, das mit dem Pferde-Schnupper-Beulen-Schreck und es fällt dann Zuckerwatte ab ......? "Hier ist die Adelgunde." Vor uns steht, ziemlich weit oben, dieses Pferd mit dem Schnuppermaul. Jetzt kommt sein Kopf herunter zu mir, nein zu der Zuckerwatte. Ganz weich wollten seine Lippen meine Zuckerwatte kosten. Mit der breiten Brust steht es schon ganz dicht am Zaun, der rund um die Pferde aufgestellt wurde. Sein Hals ist lang gestreckt und die freundlichen Augen von Adelgunde blicken sehnsüchtig nach meiner Zuckerwatte. "Hier gib ihr das.", der Clown hat mir ein Stück Würfelzucker in die Hand gedrückt und ich rette meine Zuckerwatte und halte der Adelgunde das Stück Zucker hin. Ganz langsam und vorsichtig schnubbert die jetzt an meiner anderen Hand, ihre Augen schauen noch immer nach der Zuckerwatte, die ich längst auf meinem Rücken versteckt halte. Ah, jetzt hat sie es begriffen, sie scheint Würfelzucker zu kennen, mit den warmen, feuchten Lippen greift sie das Stück und dann malmen ihre Zähne kräftig darauf herum. Das klingt stark. "Die hat aber Kraft, da möchte ich nicht zwischen den Zähnen sitzen", sagt Jecki begeistert. "So, nun aber los. Ab in die Manege!", ruft uns der Clown zu, "da werden wir uns noch einmal sehen!" Ach ja, wir müssen ja noch weiter, in der Manege soll bestimmt bald die Vorstellung beginnen.Aber Zirkus hat für mich schon längst angefangen. Nee, nicht mit dem Pferde-Schnupper-Beulen-Schreck von vorhin.....eigentlich schon gestern. Überall hängen die vielen bunten Plakate, da an den Laternenpfählen, und da an den Litfass-Säulen und da an der Wand."Zirkus, Zirkus, Zirkus" steht da drauf. Große Buchstaben sind es, die sieht man schon von weitem. ZIRKUS habe ich verstanden, ist eben der mit den vielen Tieren, den Menschen, die so viele Sachen können, die ich später vielleicht mal selber machen will. Zum Beispiel den Feuerschlucker. Der schluckt nur wenig Feuer, oft bloß den kleinen Rest, bei dem die Flamme in den Mund passt. Dafür aber kann der prima Feuer spucken. Im hohen Bogen sprüht das Feuer, von seinem Mund bis fast an die Decke. Das muss im Gesicht sehr warm werden, denn gleich nach dem Flammen spucken, wischt er sich mit einem Tuch den Mund ab. Oder die Artisten auf den Schaukeln, oben ganz oben unter dem Zeltdach. Die schaukeln nicht bloß, nein, die lassen auch die Schaukel los, fliegen durch die Luft von einer Schaukel zur anderen und manchmal, jedenfalls hab ich das schon im Fernsehen gesehen, manchmal fliegen sie von der einen Schaukel weg, weit durch die Luft und werden dann von einem anderen Artisten aufgefangen. "Trapez" nennt man die Schaukeln. Das machen Männer und Frauen. Immer wenn etwas gelungen ist, dann strahlen sie herunter zu den Zuschauern, halten die Hände hoch und die Musik macht "Trara!". Damit wir unten auch mitbekommen, wann es spannend wird, trommelt die Musik. "Rrrrrhrrrrrplomp". Nun ist der Artist abgesprungen von der Schaukel. Da, er fliegt mit ausgebreiteten Armen durch die Luft, aber .... da ist ja gar keine Schaukel mehr. Wird er nun abstürzen? Die Zuschauer unten machen "Ach" und "Ha", einige fassen den Vorderleuten an die Stühle, alle starren nach oben, die meisten mit offenen Mündern, Scheinwerfer strahlen den Artisten an, der jetzt herunter stürzt. Stürzt er ab? In die Gedanken der meisten Zuschauer schleicht sich heimlich ein Bild.Unten liegt ein Abgestürzter. Gebrochene Knochen sind zu sehen und das viele Blut auf dem weißen Umhang. "Auweia!" "Tatütata!?", kommt jetzt der Rettungswagen? Nein! Der Artist hat alle ausgetrixt. Direkt über dem Boden hängt ein feines Netz. Da ist er hinein gefallen. Das war Absicht! Er hat sich ganz elegant, kurz vor dem Netz noch einmal gedreht und ist auf dem Rücken in das weiche Netz geplumpst. Das hat kurz gefedert und mit dem Schwung ist er auf dem Zirkusboden gelandet. Die Musik macht wieder "Trara!". "Aach!", alle atmen erleichtert auf. Dann wird laut geklatscht. Der Artist strahlt jetzt alle an und dreht sich in die Runde. Die Leute klatschen laut, erleichtert, ein guter Trick. Ja, so ein Artist möcht ich auch mal werden. Vielleicht. Auf dem Plakat steht er da. Der Artist mit dem weißen Umhang. Und lacht. Man sieht seine weißen Zähne ganz genau. An seiner Seite steht auch eine Frau. Eine schöne Frau. Sie hat auch einen weißen Umhang angezogen und lacht direkt vom Plakat auf die Leute, die hier in der Straße vorbei gehen und gucken. Hinter den beiden kann ich auch ein anderes Tier erkennen. Es ist kein "Eledil", es ist kein "Krokofant".Ein ELEFANT lacht hinter den beiden. Jedenfalls sieht es so aus. Hoch hält er seinen langen Rüssel und die beiden langen Zähne, die links und rechts an seinem Maul herausgewachsen sind. Er macht "Männchen" genauso wie Lenin.
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