Der 15. Juni 2005. Ein Tag, den ich niemals vergessen werde, ein Tag, an dem für mich die Welt unterging. Wir hatten gerade Mathe, als mich die Direktorin zu sich rief. Mir schossen wirre Gedanken durch den Kopf, doch dass meine Mutter, meine geliebte Mama, tot sein könne, damit habe ich nicht gerechnet. Sie habe die Steuerung über das Auto verloren und sei sofort tot gewesen, teilte die Polizei mir mit.Seit diesem Tag an vernachlässigt mein Vater nicht nur mich, sondern auch sich selber. Er hat sich dem Alkohol zugewandt, seine Arbeitsstelle, auf die er früher so stolz gewesen war, verloren und schlägt sich durchs Leben. Seine Aggressionen lässt er an mir aus.An einem verregneten Sonntagmorgen, als ich wieder einmal Opfer seiner Wutanfälle war, floh ich aus der Wohnung. Ich lief über Straßen, Blumenbeete und Bürgersteige hinweg und fand mich plötzlich in einem mir völlig unbekannten Wohnviertel wieder. Es gab viele Reihenhäuser und die Menschen wirkten gepflegt.Ich stand an der Ampel, als mir ein Foto, das am Straßenrand lag, auffiel. Ich hob es auf und betrachtete es genau. Es zeigte einen Park mit vielen Bäumen. Es gab Wege, die kreuz und quer liefen und eine Bank, die an einem Baum gelehnt war. Dieser Park bedeutete für mich, Freiheit, ein Gefühl, das ich eigentlich kaum kannte, dennoch, diese Wege, die keine richtige Struktur hatten. Man kann gehen wohin man will, ohne einen Gedanken an die Zukunft oder die Vergangenheit zu verschwenden. Etwas Besonderes fiel mir erst nach einiger Zeit auf: In der Mitte befand sich eine Lichtung. Sie wirkte auf mich beruhigend, ja, ich weiß auch nicht, irgendwie vertraut.Ich steckte das Foto in meine Tasche und sah auf die Uhr. Es waren schon 3 Stunden vergangen, seitdem ich aus der Wohnung geflohen war. Ich musste wieder zurück, denn sonst würde mein Vater mit seinem liebevoll grinsenden Gesicht auf mich zukommen, sagen "Stella, wo warst du denn solange?" und danach gebe es wieder eine Tracht Prügel.Es könnte natürlich auch sein, dass er in der Bar, in der er sich immer zulaufen ließ, saß. Als ich nach Hause kam, war er nicht da. Das freute mich, denn so konnte ich einen ungestörten Abend verbringen und mir das Foto, das ich gefunden hatte, genauer ansehen. Es strahlte Ruhe und Beschaulichkeit aus, eine Welt, scheinbar von der Außenwelt abgeschirmt.Das Bild gefiel mir, es hatte etwas Besonderes, von dem ich angetan war. Gegen späten Abend ging ich ins Bett und schlief sofort ein. Ich träumte von dem Park. Es war ein großer, schöner Park. Er lag in einem verlassenen Dorf, 10 km von der Großstadt entfernt. Während ich durch den Park schlenderte, an den Waldbeeren naschte und den Duft einatmete, kam ich der Lichtung immer näher. Ich setzte mich auf die Bank und sah in die Wolken. Plötzlich schauten mich die liebevollen Augen meiner Mutter an. Ich erschrak, doch meine Mutter beruhigte mich " Stella, Liebes, bitte sei nicht traurig. Kümmere dich gut um Papa. Er braucht dich, er ist krank. Genieße dein Leben und denk daran: Ich werde immer stolz auf dich sein! Leb wohl!" Und so schnell sie gekommen war, so schell war sie auch wieder gegangen.Am nächsten Morgen hatte ich den Wecker nicht gehört und war erst gegen 9 Uhr aufgewacht. Ich nahm mir vor, das Zimmer meiner Mutter aufzuräumen. Als ich an die Schreibtischschubladen ging, fiel mir ein Brief auf. Ich nahm ihn in die Hand und las: "Für meine geliebte Tochter Stella."Ich war aufgeregt, riss den Umschlag auf. Ein einziges Foto war drin. Es war jenes Foto, das den wunderschönen Park zeigte, in dem ich meine Mutter getroffen hatte.
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